Geschichte aus dem Alltag - Irland Silvester 1998

Eine Reiseerzählung von unser guten – leider schon verstorbenen – Seele der Firma Heide Marie Braitsch, die sehr anschaulich unseren Einsatz und Liebe zu unserer Firma zeigt. An dieser Grundeinstellung hat sich bis heute nichts geändert. Viele Spaß beim Lesen.

Die Vorgeschichte – oder wie kam es zu diesem Auftrag

Wir erhielten von einer unserer Reeder Kunden die Anfrage ein paar Teile vom Lager zum Flughafen nach Bremen zu bringen. Nichts ungewöhnliches, aber wir sollten die Sachen noch verpacken und dabei das Packstückgewicht unter 80 kg halten. Es ging um Zylinderköpfe Typ Deutz 628 – einer wiegt mit Ventilen ca. 135 kg! Große Fragezeichen ?? Aber diese Zylinderköpfe sollen doch nicht nur zum Flughafen, die sollen doch noch weiter …., ja nach Limerik in Irland. Wo ist das Problem ?? Wir laden die Dinger ein und fahren hin! Aber morgen ist doch Silvester ?!! Das interessiert uns nicht, wenn das Schiff die Zylinderköpfe braucht, bringen wir die dahin, ob Silvester, Weihnachten oder Ostern ist, spielt keine Rolle.

Hier nun die Erzählung von Heide Marie Braitsch:

Und so flatterte in den letzten Tagen des alten Jahres ein Transportauftrag für Schiffsersatzteile nach Irland auf unseren Schreibtisch.

Irland, das Romanland der Rosamunde Pilcher, mit unendlich viel Grün, mit den schroffen Klippen, dorthin wollte ich doch immer schon mal gerne. Nachsehen ob die Pärchen, die sich im Roman bekommen haben immer noch treu zueinanderhalten. Es reizte mich ungemein mitzufahren. Nur wo blieb ich mit meinen Halbwüchsigen? Schließlich kam Sylvester, konnte ich die Kiddis da einfach alleine lassen? Es wurde kurzerhand ein Familienrat einberufen. Nach einigem Hin und Her wurde die Überlegung der Kinder laut und sie vertraten die Meinung, Heidi soll ruhig mitfahren, dann hat sie auch mal eine Luftveränderung. Außerdem können wir mit 16 bzw. 17 Jahren ja wohl mal ein paar Tage alleine zurechtkommen. Für Silvester hatten meine Ableger schon konkrete Pläne, es sollte zu Barkei gehen, wo Mann und Frau schon vor 100 Jahren die Tanzbeine geschwungen hatte.
Schnell packte ich die Gelegenheit beim Schopfe noch einige Urlaubstage erleben zu können. Es blieben mir genau 2 Stunden um meinen Haushalt zu organisieren, die Tiere zu versorgen, die Besorgungen mit den Kindern abzusprechen, die Nachbarin zu informieren und mit Hausschlüssel zu versorgen, Brote zu schmieren und Thermosflaschen mit Tee zu füllen und zu guter Letzt – eine Tasche zu packen. Ganz ohne Zahnbürste wollten wir dann doch nicht los.

Um 15:30 Uhr war Start in der Danzigerstraße, gegen 23:00 Uhr waren wir in Callais. Bereits 15 Minuten später konnten wir in den Bauch des Tunnelzuges hineinfahren. Für mich sowieso, aber auch für Claas war es die erste Fahrt durch den EURO – Tunnel. Bereits 40 Minuten später konnten wir wieder aus dem Zug heraus fahren. Nun ging es auf eigenen Rädern, jetzt auf der linken Seite fahrend, wieder weiter. Claas hatte mit der neuen Verkehrsregelung keinerlei Probleme und lenkte uns durch den nächtlichen, nicht gerade ruhigen Verkehr.

Gegen 3:00 Uhr, wir hatten London längst hinter uns gelassen, suchten wir einen Rastplatz auf und krochen schnell nach hinten in den VW – Bus, wo ich schon lange vorher das Bett aufgebaut hatte. Am Morgen um 9:00 Uhr wurden wir wieder wach und setzten unsere Fahrt, nach einer Katzenwäsche in der Rastplatztoilette, fort. Unser, von zu Hause mitgenommener Kakao war inzwischen sauer geworden und konnte nicht mehr genossen werden. Es dauerte nicht sehr lange, da zwang uns ein unangenehmes Hohlgefühl im Magen nach einer Frühstücksmöglichkeit Ausschau zu halten. Die nächste Raststätte wurde angesteuert. Geld hatten wir genug in der Tasche, nur die falsche Währung. Englische Pfund besaßen wir nur sehr wenig. Nirgends gab es eine Möglichkeit zum Wechsel. Also zählten wir „unsere Pfunde“ und drehten sie das eine und andere Mal in der Runde in der Hoffnung der seltsamen Vermehrung. Da wir nur schauten, verglichen und rechneten wurden die wenigen Gäste und auch das Personal langsam aufmerksam. Endlich nahmen wir an einem der Tische Platz. Wieder studierten wir Angebot und Barschaft. Als dann eine Bedienung an unseren Tisch kam waren wir uns aber immerhin einig. Ein Frühstück für den Chef und Fahrer, eine Portion Tee wollten wir uns teilen. So musste es gehen.
Ein Ehepaar vom Nachbartisch hatte inzwischen bezahlt und sich erhoben, als der Mann an unseren Tisch trat und höflich fragte ober er uns den einen Schein zu unserem Frühstück schenken dürfte. Peinlich! So abgerissen sahen wir doch gar nicht aus. Claas lehnte das freundliche Angebot dankend ab und mir kam nach dem ersten Schluck heißen Tee (wer kann schon vorm Tee denken) der rettende Einfall. Ich hatte noch meine EC Karte dabei und im Eingang hatte ich einen Automaten erblickt. Schnell holte ich noch einige Scheine aus der Wand. Nun konnte auch ich mir eine Portion Toast bestelle und das Wichtigste – noch Tee.
Gestärkt und erfrischt machten wir uns wieder auf den Weg, schließlich hatten wir einen Termin einzuhalten. Wir fuhren also Stunden durch grüne, weite Hügel und erreichten ohne Stress 1Stunde vor Abfahrt unsere Fahre in Fishguard die uns nach Irland übersetzten sollte. Es war eine riesige Fähre in deren Bauch unzählige Autos, Wohnmobile, Busse und LKW Platz fanden. Die Reisenden konnten sich die Stunden der Überfahrt auf 3 oder 4 Decks vertreiben. Es gab einige Restaurationen, Lokalitäten, eine Disco, einen Spielsalon oder waren es mehrerer und einige Shops an Bord.

Nachdem die Fähre schon eine ganze Zeit auf offener See war, gingen Claas und ich nach draußen so etwas wie kleine Seeluft atmen zu können. Es nieselte leicht und war herrlich erfrischend. Der Wind schaffte es mit Leichtigkeit nur den geringsten Verdacht einer Frisur wegzublasen. Nach einer ganzen Weile, ein netter Mitreisender hatte uns an der Reling fotografiert, blies uns der Wind auch wieder unter Deck.

In der Zwischenzeit hatten viele der Reisenden Probleme mit dem Magen gehabt. War der Besuch im „schmeiß rein“ Restaurant Schuld der Genuss einiger Bierchen oder aber hatte das Gehopse zu greller Discomusik alleine alles durcheinander geshaked? Mein Kapitän vertrat die Meinung, Seekrankt könnte bei dem Geschaukel wohl keiner sein. Auf jeden Fall war Sylvester und etliche Leute hatte auch die Rückreise gebucht um an Bord ins neue Jahr zu feiern. Das konnte ja heiter werden. Ein Glück, die Party fand ohne uns statt.
Nachdem wir in Irland die Fähre verlassen hatten, machten wir uns zügig ohne Hektik auf den Weg über die grüne Insel. Ohne Probleme fanden wir unseren Zielort. Auf den Straßen ein Leben und Betrieb. Es wuselte nur so von Menschen. Als wir an eine Kreuzung, an der 2 Polizisten standen, kamen, fragte Claas nach der Pier. Prompt wurde ihm Gegenfrage gestellt: „The Nightclub or for he ships“.

Pünktlich am 31.12. um 22:00Uhr standen wir Mittschiffs in Limerki im Hafen. Wir wurden schon erwartet und die End- und Beladung unseres Autos war schnell erledigt. Wir wurden zum Sylvester- Dinner an Bord eingeladen. Der Koch hatte sich sehr viel Mühe gegeben, um aus einem einfachen kalten Abendessen eine leckere Sylvestertafel zu machen. Da wir uns auf einem kleinen Schiff befanden, mussten alle ganz schön zusammenrücken, doch jeder bekam einen Sitzplatz. Zum Brot servierte man eine fremdländische rote Brühe, na ja. Dann wurde Weißwein ausgeschenkt, schon besser. Als dann um 23:00Uhr, in Germany war es schon Mitternacht, der Sektkorken knallte, okay.
Unsere Müdigkeit zwang uns bald die gemütliche Runde zu verlassen und in unser Autobett zu krabbeln. Um 0:00Uhr Irische Zeit läuteten die Glocken vom nahen Kirchturm nicht nur das neue Jahr ein, sondern uns in sanfte Träume.

Als wir am 01.01.1999 um 9:00Uhr das Hafengelände wieder verließen, war das Schiff schon lange ausgelaufen. Wir hatten den ganzen Tag Zeit uns Irland anzusehen. Es gab immer wieder nette Ecken, Winkel oder kleine luschige Orte an denen es lohnte die Fahrt zu unterbrechen um einige Schritte zu gehen und die herrliche Luft einzuatmen.
Gegen Mittag erreichten wir eine kleine Stadt. Hunger und Durst erinnerten uns schnell daran, wir hatten kein Irlandgeld. 1. Januar, Feiertag, die Banken geschlossen und meine EC Karte seit Mitternacht abgelaufen. Tolle Pleite!
In einem ganz urigen Restaurant, es war wohl das Kellergewölbe einer alten Burg, versuchten wir ganz einfach unser Glück. Die nette, ältere Bedienung meinte sofort, selbstverständlich können wir wechseln. Die jüngere Restaurantleitung tat sich da schwerer, war nach langem hin und her dann aber wenigstens bereit uns 50,-DM zu tauschen.
Ein Glück, endlich Tee und etwas Essen.
Auf unserer Weiterfahrt machten wir noch einige Pausen und erreichten dann abends wieder die Fähre.

Da viele Wochenendurlauber die gleiche Fähre für ihre Heimreise nutzten, wurde es ungemütlich voll. Kein Ruhesessel war zu bekommen, selbst auf dem Fußboden lagen viele Reisende. Nach einiger Zeit ergatterten wir dann zwei unbequeme Stühle in der Hauptflaniermeile.
Die unbequeme Haltung konnte Claas nicht davon abhalten bald gleichmäßige Schnarchtöne von sich zu geben. Ich versuchte wach zu bleiben, die Angst eventuell im Schlaf vom Stuhl zu rutschen war zu groß. Die Zeit wurde mir nicht lang, es gab viele Mitreisende zu beobachten. Das Publikum an Bord war sehr gemischt.
Alte, Junge, gerade geborene Menschen, Geschäftsleute, Typen mit glidder Trainingsanzug, Anhänger der Kellys (zumindest was die Garderobe anbelangte), Damen auf den schwankenden Schiffsplanken um Haltung bemüht, alles war vertreten.

Eine ganze Weile beobachtete ich nur die Einflugschneise der Damentoilette. Bei einer Kontrolle hatte ich schon vorher festgestellt, die Magenprobleme auf der Hinreise hatten nichts mit dem Sylvesterball zu tun gehabt. Auch heute am 02.01. war dieser Ort unbrauchbar, einfach seekränklich pfui! Ich saß also auf meinem Beobachtungsposten und konnte an der Gangart der Müsser deren Anliegen einsortieren. Einige der zuvor gesteilten Damen kamen recht demoliert vom Ort zurück. Die Frisur hatte gelitten, die Bluse hing aus dem Rock, die Gesichtsfarbe leicht grün, der Lippenstift verrutscht, alles Damenhafte verlorengegangen.
Als eine Frau mit einem randvollen Glas aus dem Bistro kam, bei schwanken der Fähre ins Trudeln geriet, beim Gleichgewicht suchen auf die Schaufensterfront in schnellen, kleinen Schritten zu schwankte und dem dort am Boden liegenden, schlafenden jungen Mann die Cola über den Kopf kippte, sah ich schnell aufs nächtliche Meer hinaus.
Die Einlage war Bühnenreif und ließ ein Grinsen auf meinem Gesicht nicht verhindern.
Irgendwann ging die Überfahrt zu Ende. Aus dem Lautsprecher kam der Hinweis die Fahrzeuge aufzusuchen. Das taten wir auch, nur was nützte uns das, unser VW-Bus hatte uns nicht mehr lieb. Er sprang einfach nicht an. Er hieß nun, „übe dich in Geduld“. Als alle von der Fähre waren, wurden wir von einem Elektrofahrzeug von Bord geschleppt. Kleine rote Lämpchen veranlassten uns schnell auf den nächsten Parkplatz zu fahren. Per Mobiltelefon rief Claas den ADAC. 40Minuten später kam ein netter junger Mann der uns um diese Zeit nicht viel weiter helfen konnte. Er versprach uns aber, um 10:00Uhr wieder zu kommen. Wir gingen erst einmal Kissen abhorchen.
Nach einem Frühstück mit Pappbrot und Tütenwurst, vom letzten Geld an der Tankstelle erworben, kam der junge Mann prompt wieder. Er konnte uns leider nicht helfen, die Lichtmaschine war im Eimer. Feiertag, Samstag, Wochenende. Vor Montag keine Hilfe in Sicht ging es in die Werkstatt. Man besorgte uns ein kleines Hotelzimmer und zwangsweise legten wir zwei Urlaubstage ein. Freizeit, kein Auto, nun hieß es auf die Socken gemacht, wollten wir etwas unternehmen.

Am Sonntag schafften wir tatsächlich eine 5 Stunden Wanderung immer mit Blick aufs Meer.

Eine malerische Bucht viel uns auf, die wir schon vorher als immer wiederkehrendes Motiv in einer Galerie auf zahlreichen Bildern gesehen hatten. Und auch sonst konnten wir uns nicht satt sehen an der schönen Natur. Leider gingen diese zwei Tage Zwangsurlaub einmal zu Ende. Am Montag hieß es, Auto huckepack zum nächsten größeren Ort. Es dauerte keine Stunde da war die neue Lichtmaschine eingebaut und wir konnten Richtung Heimat starten. Ein wenig musste Ostfriesland noch auf uns warten, denn wir sahen uns am Montagabend erst einmal die aufregende, spannende, tolle Stadt London an. Nicht alles, nein, soviel Zeit hatten wir nicht und das wäre auch nicht mehr zu verarbeiten gewesen. Die durch tausende, kleiner Lämpchen geschmückte Brücken und Häuser, die angestrahlten alten Kirchen und Paläste – ein atemberaubender Anblick. Die Menschen die durch die Straßen strömten die vielen Läden und Lokale, dass alles ließ in mir das Gefühl von klein und nichtig zu sein aufkommen.
London – eine Reise wert. Wir aber mussten weiter, denn um 23:00 Uhr verfiel unsere Rückfahrkarte für den Tunnel. Auf der französischen Seite angekommen suchten wir nach einer Weile wieder einen Rastplatz um den Rest der Nacht schlafend zu verbringen. Der Dienstag weckte uns mit Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen und trieb uns nicht gerade zur Eile an. Wir genossen auch diesen Tag und legten eine Pause für einen langen Spaziergang ein.

Gegen Abend des 5.Januars kamen wir dann wieder in Leer an.

Juchu, hatte ich noch vor Wochen davon geträumt einmal nach Irland zu kommen, nun war ich schon da gewesen! Wieder einmal war ich überrascht, wie nett die Menschen sind auf dieser Welt. Egal wohin wir bisher gekommen sind haben wir immer hilfsbereite, freundliche, nette Menschen kennengelernt.

In der Vorfreude auf eine nächste Reise muss ich sagen – wenn einer eine Reise tut, dann het ehe wat to vertellen!
 

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