Geschichte aus dem Alltag - Wilhelmshaven

Mittwoch Vormittag 

Ein Kümo hat eine Reisecharter geschlossen, bei der die Zwischendecks-Lukendeckel benötigt werden. Dieses Zwischendeck liegt aber seit längerem in Bremerhaven an Land, weil das Schiff zuvor in der Containerfahrt eingesetzt war, wobei diese Lukendeckel nur störten. Das Schiff löscht z.Zt. in Wilhelmshaven und wird dort am Freitag um 10.00 Uhr fertig sein. Die Reisecharter soll in Rotterdam am Samstag um 12.00 Uhr angetreten werden.

Die logistische Aufgabe heißt nun, die Lukendeckel an Bord zu nehmen und rechtzeitig in Rotterdam die Reisecharter anzutreten:

Der erste Gedanke ist, mit dem Schiff von Wilhelmshaven nach Bremerhaven zu verholen, dort die Lukendeckel aufnehmen und nach Rotterdam versegeln. Von Wilhelmshaven oder Bremerhaven nach Rotterdam sind es ca. 220 sm entsprechend einer Reisedauer inklusive Revierfahrt von etwa 24 Std. Wenn das Schiff aber erst am Freitag vormittag in Wilhelmshaven fertig wird reicht die Zeit genau um nach Rotterdam zu fahren. Aber dann ist das Zwischendeck noch nicht an Bord.

Es muß eine andere Möglichkeit geben! 

Auf dem Langweg per LKW! Auf diese Weise können die Lukendeckel direkt nach der Entlöschung des Schiffes an Bord genommen werden und das Schiff kann ohne Verzögerung nach Rotterdam auslaufen. Mit dem Schiff nach Bremerhaven zu fahren ist auch nicht umsonst, Brennstoff, Lotsen- und Hafengebühren müssen auch gezahlt werden.

Nun sind jede Menge Fragen zu beantworten und zu klären:

  • Frage: Wie sieht das Zwischendeck überhaupt aus ?
  • Antwort: 14 Stück Deckel 11,50 x 3,15 x 0,50 mtr 
  • Frage: Wie schwer sind die einzelnen Deckel ?
  • Antwort: Weiß keiner, Unterlagen gibt es auch nicht - grobe Schätzung Gewicht etwa 8,5 to
  • Frage: Was für LKW werden benötigt ?
  • Antwort: Sattelschwerlasttieflader 
  • Frage: Ist eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ?
  • Antwort: Ja, muß bei Überbreite ab 2,60 mtr bei der Straßenverkehrsbehörde beantragt werden. 
  • Frage: Wieviele LKW sind notwendig ?
  • Antwort: Das max. zulässige Gewicht darf bei teilbarer Ladung nicht überschritten werden. 
  • Zuladung ca. 27 to also 3 Deckel pro LKW 
  • Frage: Wo liegen die Deckel ?
  • Antwort: Bremerhaven BLG Containerterminal
  • Frage: Wie können die Deckel verladen werden ?
  • Antwort: Durch die BLG (Lagerhausgesellschaft) ?
  • Frage: Muß ein Mobilkran geordert werden ?

Halt! Einen Moment, da war doch seinerzeit etwas vereinbart worden ? ! Plötzlich kommt die Erinnerung: die Verladung in Bremerhaven ist bereits bezahlt bzw. arrangiert, das war alles ein Auftrag: von Bord nehmen, lagern und irgendwann wieder an Bord geben. 

Stimmt das genau?

Das hatte damals der Charterer arrangiert.

Also, den Charterer anrufen und klären! Keiner mehr da, die haben schon Feierabend! 

Aber es sind noch mehr Fragen zu klären:

  • Frage: Wie kommen die LKW aus dem Hafen ?
  • Antwort: Containerterminal ist Freihafen ! - Zollpapiere T - 1 Versandschein ! 
  • Frage: Wie kommen die Deckel an Bord ?
  • Antwort: Mobilkran, aber erst nach der Entlöschung!

Zwischendurch muß schon mal ein Spediteur ausgeguckt werden, der noch fünf Tieflader für den Donnerstag - also für Morgen - zur Verfügung hat. Es findet sich eine Möglichkeit. Mit vier Autos kann am Donnerstag Nachmittag in Bremerhaven geladen werden. Die Lukendeckel können dann rechtzeitig am Freitag Vormittag in Wilhelmshaven sein. Erst einmal festhalten, obwohl das eigentlich ein Auto zu wenig ist. Bei der Kranfirma in Wilhelmshaven vorsorglich einen Kran bestellen, der die Lukendeckel vom LKW an Bord heben kann.

Ganz nebenbei kommt aus dem Chefzimmer die Frage nach dem Preis. Nun ganz schnell rechnen, kalkulieren, nachfragen und den Preis nennen ! Viel zu teuer ! Aber das ist nichts neues. Es folgt der übliche Balanceakt eines jeden, der etwas "verkaufen" möchte - das gehört auch zur Logistik: Es ist bereits spät am Nachmittag - beim dem Charterer war schon niemand mehr zu erreichen wegen der Fragen zu Bremerhaven - die Zeit läuft uns weg, Lkws müssen gebucht werden und eine Genehmigung ist für diesen Transport zu beantragen - normalerweise ist diese gar nicht mehr zu bekommen, da dies mindestens drei Tage dauert, zumal hier zwei Bundesländer gehört werden müssen (Bremen und Niedersachsen) - . Aber es ist trotzdem zu teuer, die Lkws können ja über die Fähre fahren, das ist doch dann nur einen Katzensprung. Ja, auf dieser Grundlage ist die Kalkulation aufgebaut, aber auf der Fähre muß bei Überbreite auch ein besonderer Fahrpreis bezahlt werden und es wird normerweise noch ein LKW mehr benötigt. Endlich ein OK um 18.30 Uhr!

So jetzt Feierabend ??

Nein noch lange nicht. Nun fängt die logistische Arbeit erst richtig an. Der Schwertransport Spediteur muß fest bestellt werden - der ist ja noch vorsorglich an der langen Leine und möchte nun auch langsam wissen woran er ist. Was ist nun mit der Genehmigung ? Die Lkws haben alle eine Dauergenehmigung bis zu einer Breite von 3,00 mtr., das muß für diesen Transport ausreichen - die 15 cm mehr dürften eigentlich nicht auffallen. Hoffentlich geht das gut. - Aber ein bißchen Nervenkitzel gehört dazu ! Ist jetzt an alles gedacht worden? Nein natürlich nicht!

Wer macht die T-1 Versandscheine?

Das machen wir selber. 

Die BLG muß informiert werden - da ist heute abend auch keiner mehr.

Was ist morgen früh noch alles zu tun?

  • Die Fragen mit dem Charterer wegen der Verladung in Bremerhaven sind zu klären!
  • Mit der BLG die Verladung abstimmen und die Lkws entsprechend informieren!
  • Der Kran in Wilhelmshaven muß bestellt werden!
  • Der Zoll in Wilhelmshaven muß für die Erledigung der Zollpapiere bestellt werden!
  • Gegebenenfalls nach Bremerhaven fahren und die Verladung koordinieren!

Donnerstag morgen: 

Zunächst einmal ist die Verladung der Deckel in Bremerhaven zu klären, ob das wirklich durch die BLG gemacht wird, oder ob letztlich doch noch ein Mobilkran geordert werden muß. Auf jeden Fall muß natürlich die Lagerhausgesellschaft am Containerterminal auch informiert werden, daß heute die Deckel abgeholt werden. Es ist immer ein Spießroutenlauf, bis man bei den Bremern den zuständigen Mann (oder Frau) am Telefon hat. Endlich ist auch der Charterer erreicht - auch ein Bremer (mit den gleichen Problem, daß keiner zuständig ist ! ) - , der bestätigt, daß die Verladung der Deckel durch die BLG erfolgt. Denen paßt es am besten, wenn die Deckel gegen 15.00 Uhr geladen werden, weil anschließend an dem Lagerplatz ein Schiff erwartet wird und die Löscharbeiten gestört würden.

Nun ist alles nur noch Routine. Die LKW für 15.00 Uhr zum Containerterminal bestellen, die Zollpapiere vorbereiten und zusammen mit einem Spickzettel mit allen Telefonnummern - die für diese Aktion wichtig sein können - mitnehmen. Natürlich die Sicherheitschuhe und den Helm nicht vergessen, denn bei den Bremern weiß man nie ! Zwischendurch nochmals die Zeiten für das Löschende in Wilhelmshaven erfragen - das kann jetzt bereits morgens gegen 07.00 Uhr sein - und entsprechend den Kran bestellen.

Auf dem Weg nach Bremerhaven ruft einer der LKW Fahrer an, wir sind hier auf dem Containerterminal in einer Ecke abgestellt worden und es passiert nichts weiter. Naja, schon wieder dieser Spießroutenlauf: Agentur anrufen, die BLG wecken - ja es geht gleich los, die Verladung erfolgt mit zwei großen Staplern, die gehören zum Landbetrieb (und nicht zum Kaibetrieb) - und wieder die LKW Fahrer bei Laune halten. Manchmal kommt die Frage auf, wie sind diese Sachen eigentlich früher geregelt worden - ohne Mobiltelefon ? Irgendwie kommt aber dann doch noch Bewegung in diese Sache. Die Verladung der Deckel auf die Lkws klappt ganz gut mit den beiden großen Staplern. Und tatsächlich, so groß bzw. breit sehen die gar nicht aus. Zwei von den LKW können auch vier Deckel mitnehmen, so daß alle Deckel innerhalb von zwei Stunden verladen sind.

Der Zoll in Bremerhaven macht ausnahmsweise mal keine Probleme, so daß der Konvoi mit vier Fahrzeugen voller Zwischendeckslukendeckel zügig in Richtung Fähre und weiter nach Wilhelmshaven fahren kann. Die Fahrt verläuft ohne größere Probleme, nur an der Fähre wird es etwas eng, als da plötzlich vier LKW mit Überbreite übersetzen wollen. Kurz vor dem Ziel wird es zwar noch etwas nebelig - Schwertransporte müssen dann von der Straße - aber es ist noch zu verantworten. Gegen Mitternacht stehen die LKW Längsseite Schiff in Wilhelmshaven.

Zum Löschende am Freitag Morgen um 07.00 Uhr steht der Kran schon in Position und hat bereits den ersten Deckel am Haken. Der Kapitän kommt an Deck und nimmt ganz selbstverständlich zur Kenntnis, daß die Zwischendeckslukendeckel gerade im Laderaum in die richtige Position gesetzt werden. Um 09.00 Uhr ist alles erledigt, die Lkw sind schon wieder auf der nächsten Tour, der Kran ist abgebaut und das Schiff kann nach Rotterdam versegeln, um dort die Reisecharter anzutreten.

 

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